Serie „Ungewöhnliche Tätigkeiten“, Nr. 2: Altholzverwerter – Wie aus Holzmüll Sinn, Stil und Zukunft wird
- Thomas von Krafft
- vor 6 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 1 Tag
Ein Blogartikel für Beraterinnen und Coaches, Lehrkräfte und Bildungsakteure in der Berufs- und Studienorientierung

Einleitung: Wenn Müll zu Möbel wird
Der 22jährige Julian steht am Rand eines alten Sägewerks, die Sonne bricht durch die staubige Luft. Vor ihm ein Haufen alter Balken, Fensterrahmen und Dielenbretter. Für viele ist das schlicht Sperrmüll. Für ihn: Rohstoff, Idee und Inspiration. Der angehende Altholzverwerter sieht, was andere übersehen. Er hört die Geschichten, die im Holz verborgen liegen – und schenkt ihnen ein neues Leben.
Wer jungen Menschen in der Berufs- und Studienorientierung begegnet, kennt das Phänomen: Viele suchen nicht nur "einen Job", sondern eine Aufgabe mit Sinn und Bedeutung. Eine Kombination aus Kreativität, Nachhaltigkeit, Handwerk, Technik und Zukunftschancen. Der Beruf des Altholzverwerters – oder genauer gesagt: das Berufsfeld der Altholzverwertung – bietet genau das. Und ist dabei überraschend vielfältig.
Was macht ein Altholzverwerter/eine Altholzverwerterin?
Altholzverwerter sammeln, sortieren und verarbeiten Holz, das bereits in Gebrauch war: alte Dachstühle, Möbel, Dielen, Fensterrahmen, Paletten oder Bauholz. Aus diesem scheinbar "wertlosen" Material entstehen neue Produkte:
Designermöbel und Leuchten,
Wohnaccessoires und Gebrauchsgegenstände,
Kunstwerke oder Rauminstallationen,
aber auch Holzwerkstoffe, Pressplatten oder Energie in Biomassekraftwerken.
Dabei bewegen sie sich zwischen den Welten: handwerklich und technisch versiert, ökologisch denkend, oft auch künstlerisch ambitioniert. Manche sind in Werkstätten oder Recyclingunternehmen angestellt, andere gründen eigene Labels und verkaufen ihre Upcycling-Produkte auf Märkten, Messen oder Online, z.B. auf Etsy.com.
Warum ist das so ein moderner Beruf?
Weil Altholzverwertung genau am Puls der Zeit ist. Themen wie Nachhaltigkeit, Zero Waste, Klimaschutz, Design aus der Region, Kreislaufwirtschaft und Selbstwirksamkeit stehen für viele junge Menschen ganz oben.
Altholz ist nicht einfach ein Abfallprodukt. Es ist gespeicherte Geschichte – oft Jahrzehnte oder Jahrhunderte alt. Es wurde bereits verarbeitet, ist gealtert, gezeichnet vom Leben. Daraus neue Dinge zu schaffen, hat eine tiefe kulturelle und ökologische Dimension. Der Beruf spricht junge Menschen an, die sich eine gestaltende, sinnstiftende Rolle in der Gesellschaft wünschen.
Welche Talente braucht man?
Wer Altholz verwerten will, sollte:
handwerklich geschickt sein (Sägen, Schleifen, Hobeln, Bearbeiten),
kreativ denken können (neue Verwendungsideen entwickeln),
technisches Verständnis mitbringen (Maschinennutzung, Sortierprozesse),
ein Gespür für Materialien und Ästhetik haben,
Sorgfalt & Umweltbewusstsein mitbringen (Vermeidung von Schadstoffen, korrekte Trennung).
Oft kommen Altholzverwerterinnen aus verwandten Berufen: Tischlerei, Holztechnik, Umwelttechnik, Kunsthandwerk, Recyclingwirtschaft. Es gibt aber auch Quereinsteiger mit einem grünen Gewissen und einem Hang zum Selbermachen.
Wo arbeiten Menschen, die Altholz zu „Gold“ verwandeln?
Je nach Ausrichtung und Schwerpunkt:
In Werkstätten, Kreativbetrieben oder Designstudios,
bei Recyclingunternehmen oder Entsorgern,
in Holzwerkstoffwerken,
in Biomassekraftwerken,
auf Kunsthandwerksmärkten, in Ateliers oder gemeinnützigen Werkstätten.
Gibt es Vorbilder oder erfolgreiche Projekte?
Ja! In ganz Europa entstehen Labels, die sich auf Holz-Upcycling spezialisiert haben. Einige Beispiele:
Manufakturen für Möbel aus alten Balken oder Schiffsholz,
Sozialbetriebe, die mit benachteiligten Jugendlichen nachhaltige Produkte fertigen,
Künstler und Künstlerinnen, die aus Altholz Ausstellungen bestücken,
und Start-ups, die regionale Holzreste erfassen, systematisch wiederverwerten und teilweise fantastische Designprodukte erschaffen.
Wie wird man Altholzverwerter?
Es gibt keine klassische Ausbildung mit diesem Namen. Aber passende Einstiege sind:
Tischler/Schreinerin,
Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft,
Holzmechanikerin/Holztechniker,
Berufe im Bereich Umweltschutz oder nachhaltiges Design.
Beratungsstellen:
Lokale Handwerkskammern, IHKs, Jobcenter, Umweltbildungszentren.
Einschlägige Berufsinfo-Plattformen
Was lässt sich im Angestelltenverhältnis verdienen?
Je nach Branche und Qualifikation:
Einstieg: ca. 2.700–3.200 € brutto/Monat,
Mit Erfahrung: 3.500+ €,
Selbstständige: unterschiedlich, abhängig vom Verkauf/Markt,
Leitungsfunktionen: bis zu 4.500 € und mehr.
Zukunftsaussichten: Überraschend stark
Die Nachfrage nach Recyclingrohstoffen, energieeffizienter Verwertung, aber auch nach nachhaltigem Design wächst stetig. Gerade im Bereich Handwerk 4.0, grüner Start-ups, Nachhaltigkeitsbildung und Energiewende gibt es zahlreiche Zukunftschancen.
Für Ihre Beratung: Warum dieses Berufsfeld so wertvoll ist
Der Beruf des Altholzverwerters spricht Kopf, Herz und Hand an.
Er bietet Jugendlichen mit praktischem, ästhetischem oder ökologischem Interesse eine echte Perspektive.
Er ist greifbar, konkret, erfahrbar – perfekt für Projekte, Praktika, Berufsfelderkundungstage.
Und: Er macht Mut. Denn er zeigt, dass auch aus "Weggeworfenem" Neues, Sinnvolles, Schönes entstehen kann.
Fazit
Altholzverwerter:in zu sein, heißt, der Vergangenheit ein zweites Leben zu schenken und dabei selbst Zukunft zu gestalten. Es ist ein Beruf, der sich dem schnellen Wegwerfen widersetzt. Der Ressourcen schont. Der Ideen braucht. Und der jungen Menschen die Möglichkeit gibt, sichtbar etwas zu verändern.
Sie beraten Jugendliche? Dann nehmen Sie Altholzverwertung mit auf Ihre Berufsweltkarte! Vielleicht wartet in Ihrer Beratung schon der oder die nächste nachhaltige Designer:in darauf, entdeckt zu werden.
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