Zwischen Selbstbild und Wirklichkeit: Wenn Klienten vollkommen sicher sind, aber total daneben liegen
- Thomas von Krafft
- 20. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. Juli
Ein Erfahrungsbericht und Impuls für alle Beratenden, die junge Menschen in der Berufs- und Studienwahl unterstützen

"Ich weiß schon genau, was ich will!"
So oder so ähnlich beginnt nicht selten ein Beratungsgespräch mit – meist jüngeren – „Ratsuchenden“. Eigentlich kommen sie nur, um sich selbst bestätigen zu lassen. Sie strotzen vor Selbstvertrauen, teilweise mit einer erstaunlichen Klarheit, was ihre Zukunft betrifft: "Ich werde Anwältin!", "Ich will was mit Medien machen!", "Ich gründe ein Start-up." Diese jungen Leute können durchaus beeindrucken. Sie wirken entschlossen, informiert, reflektiert. Manchmal kommt das so übertrieben und superheldenmäßig daher, dass ich im Moment nicht weiß, ob ich losprusten soll. Wie wir sehen werden, ist es aber auch irgendwie zum Heulen.
Oft kommt nämlich dann ein Moment, der für uns als Berater und Beraterinnen ziemlich heikel, aber zugleich auch wertvoll ist: Die Rückmeldung der Testverfahren, in meinem Fall KompetenzCheck next und BerufsCheck next, zeigt ein völlig anderes Bild, bestätigt den „absolut sicheren“ Wunsch nicht, weist in ganz andere Richtungen. Plötzlich steht im Raum: Das, was du willst, oder was du zu wollen glaubst, passt im Grunde überhaupt nicht zu dir.
Wie umgehen mit dieser Situation? Wie verhindert man in diesem sensiblen Augenblick, dass Selbstbewusstsein in Trotz und Widerstand umschlägt, oder im schlimmsten Fall: in Enttäuschung und Resignation?
Der Blick auf die Realität als Chance
Zuerst einmal vorweg: Ich nehme diese jungen Menschen immer ernst. Ich betrachte ihr Wunschbild nicht als „falsch“, sondern als, sagen wir, nur noch nicht „auf Realitätstauglichkeit geprüft“. Mein Ziel ist nicht, sie zu "enttarnen", bloßzustellen oder zu korrigieren, sondern sie mit sich selbst in Einklang, in Resonanz, zu bringen – auf einer tieferen, authentischeren Ebene.
Das bedeutet:
Ich frage nach den Motiven: Wie bist du darauf gekommen? Warum genau willst du das machen? Was stellst du dir darunter vor? Woher kommt der Wunsch? Seit wann besteht er?
Ich zeige ohne Bewertung die Testergebnisse und meine Eindrücke, erkläre, was die Daten zeigen, was auffällt, welche Diskrepanzen bestehen. Weise darauf hin, dass die Tests nichts erfinden, sondern nur systematisch Vorhandenes erfassen und dokumentieren.
Ich arbeite mit Vorstellungskraft und inneren Bildern: "Wenn du diesen, deinen Wunschberuf ausüben würdest, wie würdest du dich nach einem Jahr fühlen? Nach fünf Jahren?" Wie würde diese Tätigkeit dich als Person widerspiegeln, respektieren, wertschätzen? Welche deiner Talente würde sie besonders nutzen und fördern?
Ich mache Alternativen denk- und erlebbar, ganz praktisch: durch Gegenüberstellungen, Rollenspiele, Praxisbeispiele.
Selbstbewusstsein ist nicht gleich Selbsterkenntnis
Was mich immer wieder erstaunt: Manche jungen Menschen sind äußerlich unglaublich sicher, sich aber innerlich keineswegs bewusst über ihre wirklichen Stärken, Talente und persönlichen Präferenzen. Nicht selten werden Fremdbilder herangezogen, was die „best friends“ machen, was Eltern empfehlen, was in Social Media attraktiv wirkt.
Gute Testverfahren wie der KompetenzCheck next und der BerufsCheck next (eventuell auch einige wenige andere 😉) helfen hier enorm: Sie liefern objektive Einschätzungen, messbare Stärken und Eigenschaften, konkrete Entwicklungsmöglichkeiten, echte Perspektiven. Und manchmal rücken sie eben auch Dinge zurecht, setzen klare Grenzen. Simples Beispiel: Wenn jemand kaum analytisches, logisches Denken zeigt, aber Informatik studieren will – dann ist es meine Pflicht, da ernsthaft darauf hinzuweisen.
Vom Widerstand zur Einsicht
Oft gibt es im Gespräch einen Schlüsselmoment: Eine plötzliche Stille, ein Innehalten, ein verstohlener Blick, ein "Hm, stimmt eigentlich, so hab‘ ich das noch nie gesehen ...". Manchmal braucht es Mut, um eigene Pläne zu hinterfragen. Ich schaffe dafür einen sicheren Raum, in dem sich niemand "ertappt" oder „wie ein Trottel“ fühlen muss, sondern neugierig auf sich selbst werden darf.
Gerade wenn ich Jugendlichen zeigen kann, "Dein bisheriger „Traumberuf“ (Betonung auf Traum) passt vielleicht nicht perfekt – aber hier, schau mal, diese drei Alternativen könnten viel besser zu dir passen, dich glücklicher und schließlich auch erfolgreicher machen", dann passiert sehr oft die entscheidende Veränderung. Wenn ich Beispiele bringe von Menschen, die umgedacht und dabei gewonnen haben, entstehen Neugier und Verständnis.
Ein gutes Ergebnis ist nicht immer das erwartete
Für mich als Berater ist klar: Ich darf nicht der beste Freund und Kumpel sein wollen. Mein Job ist: Zu helfen, dass Menschen die passenden, nachhaltigen, für sie (nicht für mich) besten Entscheidungen treffen. Entscheidungen, deren Konsequenzen das (Arbeits-)Leben im Laufe der Zeit immer noch besser und reicher und erfüllter machen. Aber das heißt auch: Manchmal muss ich der Party-Crasher sein, der Diabolo, der Spielverderber, muss nerven und irritieren. Aber immer im Interesse und mit dem größten Wohlwollen gegenüber meiner Klientin oder meinem Klienten.
Wenn ein junger Mensch die Beratung verlässt mit dem Gefühl: "Ich sehe mich jetzt klarer. Ich weiß, was ich nachweislich gut kann. Ich weiß, was ich als Mensch, der ich bin, brauche, um mich entwickeln zu können." – dann war sie erfolgreich, dann ist das höchste Ziel erreicht. Auch wenn es ganz und gar nicht das geworden ist, was er oder sie am Anfang wollte oder zu wollen glaubte.
Resümee
Selbstbewusstsein ist kein Garant für passende Entscheidungen. Gute Beratung nimmt starke Selbstbilder ernst – aber sie nimmt sie nicht automatisch einfach hin. Sie bleibt vorsichtig, gerade dann, prüft, hinterfragt, konfrontiert und rückt zurecht, wenn es sein muss, wohlwollend, freundlich, aber bestimmt. Und sie zeigt die wirklich passenden Wege auf, die persönliches Glück, Erfolg, Erfüllung und Weiterentwicklung bedeuten.
Denn unser Ziel sollte doch sein: Nicht Luftschlösser mitzubauen und Irrwege zu bestätigen, um zu gefallen, sondern realistische, passende, vielversprechende Perspektiven aufzuzeigen.
Wollen Sie noch sicherer werden bei Ihren Entscheidungen in der Beratung? Dann probieren Sie doch meine Testverfahren KompetenzCheck next und/oder BerufsCheck next aus, ohne Risiko und unverbindlich. Ich freue mich auf Ihre Nachricht.
Ihr
Thomas von Krafft
tvk@ikobe.de, 0173 - 35 90 314




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